Asche zu Asche

Im Fernsehen sieht das doch immer so schön aus, wenn da über einem ausbrechenden Vulkan eine riesige graue Wolke steht. Vom Grafikdesigner schnell noch ein blauer Himmel dahinter gezaubert und ein paar Federwölkchen und schon schaut man gerne zu…

Um von der Carretera Austral auf die Insel Chiloé zu kommen, muss man eine von verschiedenen Fähren nehmen, die unterschiedliche Städte der Insel ansteuern aber eben auch nur jeweils einmal pro Woche fahren. Die meisten starten in einem Ort namens Chaitén. Ehedem Provinzhauptstadt überraschte die Einwohner – und vorher wohl auch schon die Wissenschaftler ‑ vor zwei drei Jahren der Ausbruch eines Vulkans in ihrer Nähe. Die Aschewolke ließ sich auf ihren Häusern und in ihren Straßen nieder und dazu noch irgendeine Art Flutwelle. Die meisten wurden evakuiert und blieben weg. Wenige harrten aus und versuchen heute, wieder Leben in die Bude zu kriegen. Schwierig, zumal Touristen nur noch wegen der Fähren kommen und um Bilder von den Zerstörungen zu machen, die noch immer zu sehen sind. Die Provinzregierung – so heißt es im Reiseführer – hat die Stadt aufgegeben und ca. 10km nördlich ein „Neu Chaitén“ errichten lassen. So läuft man also am Abend vor der Fährabfahrt durch einen Ort, der nicht Geisterstadt, aber auch alles andere als lebendig ist. Es gibt wieder kleine Supermärkte und Restaurants, Hotels und Hüttchen. Es gibt auch eine Tankstelle. Und es gibt diesen Hafen. Doch dazwischen findet man immer wieder Häuser, in denen statt Mobiliar, Bildern und eines Fernsehers graue Asche vom Boden bis auf Fensterhöhe steht. Arbeiter sind gerade dabei, neue Stromleitungen in die Stadt zu legen. Noch hört man überall Benzingeneratoren lärmen. Wasser wird täglich in Tanks angeliefert, damit die Gäste nicht auf ihre Dusche und das Trinkwasser aus dem Hahn verzichten müssen. Auf den Straßen wird langsam gegangen, fast andächtig. Kein würdiger Abschluss für unsere Fahrt auf Carretera Austral, aber sicher einer, der in Erinnerung bleiben wird.

Am nächsten Tag – das dann doch wieder standesgemäß – reißt auf der Fährfahrt nach vier Tagen Regen plötzlich der Himmel auf. Das Meer war vor Windstille fast spiegelglatt. Francis, ein Franzose, den wir schon ein paar Tage vorher getroffen hatten, seine Tochter Claire, die gerade zwei Wochen mit ihm unterwegs ist und Jana waren beruhigt. Sieben Stunden Seekrankheit wären definitiv hart geworden. Auf dem Weg nach Chiloé, zu den Chiloten – das klingt wie Idioten und wird von den Festlandchilenen auch so gebraucht – passierten wir verschiedene kleinere Inseln, die sämtlich schön grün waren und viele niedliche, kleine Hügelchen hatten. Echt schön. Aber bei so viel Grün denkt man irgendwie immer gleich an Regen. Bemerkenswert an dieser Schifffahrt ansonsten nur noch die Öffnungszeiten des Schiffskiosk. Er hatte offen, als wir an Board gingen, schloss eine Stunde nach dem Ablegen und öffneten zwei Stunden vor dem Anlegen wieder. Wir sind im Dunkeln von Board, haben uns mit den netten Franzosen schnell noch einen Campingplatz gesucht und der Tag war vorbei.

Aus den geplanten zwei vollen Tagen Chiloé wurde nur einer. Auf unserem Ausflug in den Süden der Insel spuckte Janas Transe irgendeine Flüssigkeit auf ihr Vorderrad. Sah nicht gesund aus. Mehr konnten wir Dilettanten nicht mit Bestimmtheit sagen. Öl konnte es nicht sein, weil der Motor zu weit weg war. Also blieb für uns nur Bremsflüssigkeit oder Regenwasser, das sich unter einer Plastikabdeckung gesammelt haben könnte. Nicht gerade beruhigend, wegen der Bremsflüssigkeit. Aber der Bremstest ergab: Bremsflüssigkeitskreislauf dicht. Trotzdem irgendwie doof. Also haben wir einen Ausflug an die westliche Pazifikküste und nach Ancud gestrichen und sind nach der zweiten Nacht Richtung Puerto Montt aufgebrochen, wo wir von dem Franzosen die Adresse einer Werkstatt genannt bekommen hatten. Bilanz am Ende des ersten Tages in Puerto Montt: Unterkunft im Hostal Suizo, bei einer Künstlerin, die das gerne auch mitteilt und eine Maschine fertig (Inspektion mit Ölwechsel, Kette spannen, Ventile checken, Zündkerzen austauschen, Blinkerglühlampe wechseln, Stoßdämpfer checken und Tachowelle einbauen (die alte hatte sich komplett verabschiedet)). Morgen gibt’s dann die zweite Maschine zurück, die uns auf Chiloé Sorgen machte. Ein Blick des Mechanikers: Simmering des Stoßdämpfers vorne defekt. Bisschen schwer zu besorgen. Sonst wär das heute auch schon fertig. Außerdem haben wir Janas Aluboxen mal zur Reparatur in Auftrag gegeben Sind sehr gespannt auf das Ergebnis. Am Donnerstag dann – toitoitoi – raus aus Puerto Montt, der Stadt, von der ich nicht umsonst nichts weiter erzählt habe…

Wir werden uns weiter in den „zivilisierten“ Norden vorkämpfen. Auf dem Weg liegen etliche Vulkane. Wir freuen uns noch einmal auf schöne Landschaften. Mal sehen, wie es in den nächsten Tagen mit dem Internet aussieht…


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