Alpaca, Inca-Cola und Co.

Wofür ist Peru eigentlich bekannt? Für wenige mittelmäßige Fußballer vielleicht, die in noch mittelmäßigeren deutschen Vereinen angehimmelt werden. Für Machu Pichu auch noch. Und für die Geolinien in Nasca. Nicht viel eigentlich. Wir sind jetzt mal eingereist – ziemlich problemlos übrigens – mit dem Willen, uns ein Bild zu machen.

Der Start war etwas schwierig.  Eine Lasagne hat mich – Patrick – am zweiten Tag im wahrsten Sinne des Wortes zu Boden geschickt. Mitten in einem Café verließ mich der Kreislauf. Danach dann lieber ins Bett und das Fieber mit Decken und Paracetamol bekämpft. Ging recht gut. Nur die Sch…erei hat sich tapfer eine ganze Zeit gehalten. Das war in Puno. Seit gestern wissen wir: Puno ist das Gebiet aus dem heute die meisten Menschen nach Arequipa migrieren. Warum nur? Es gibt genau eine Attraktion in Puno, die Islas Flotas de Uros. Wir haben diese Schilfinseln auf dem Titicacasee besucht. Eine dieser touristischen Erfahrungen, von denen man im Nachhinein nicht so recht weiß, wie sehr man sich schämen soll, teilgenommen zu haben. Boote fahren Menschen im 10-Minuten-Takt aus Puno etwa sechs Kilometer auf den See hinaus (der bis dorthin allerdings in Teilen bereits verlandet ist). Jedes Boot legt an einer anderen der vielzahligen kleinen Inseln an. Dann setzt man sich auf Schilfrollen, die von den Bewohnern im Halbkreis zurechtgelegt wurden. Vor einem steht ein junger Mann, der kurz vor dem Anlegen des Bootes noch schnell ein „traditionelles“ Hemd über sein Barca-Trikot geworfen hat. Er gibt eine wirklich interessante Einführung auf Spanisch (Geschichte, Bauart, Tradition usw.) und leitet  am Ende extrem routiniert in den Verkaufsteil der Veranstaltung über, indem er von Einnahmequellen der Bewohner und ihren Produkten spricht. Die darf man dann kaufen. 20 Minuten hat man Zeit. Anschließend geht es zur Hauptinsel. Und man hat die Wahl, mit dem Boot zu fahren, das einen auch hergebracht hat, oder ein ortsübliches Schilfboot zu nehmen, Kostenpunkt 5 Soles (ca. 1,40 EUR). Aber eine Wahl hat man eigentlich nicht wirklich. Beim Ablegen stehen die Inselfrauen am Ufer und singen verschiedene Lieder in verschiedenen Sprachen. Beim Deutschen hat man sich für „Alle meine Entchen entschieden“… Man wird also rübergepaddelt und verbringt dann eine lange Stunde zwischen Postkartenverkaufsstand, Tücherstand, Getränkekiosk und Restaurant. Lassen wir das und bestimmen die Lebensmittelvergiftung zur bleibenden Erinnerung an Puno…

300km weiter westlich und mit ca. 2800m ü.NN auch mal wieder etwas tiefer liegt Arequipa. Arequipa… Arequipa… Arequipa… da war doch was… lange her… aaahhh, ja, Weihnachtsbasar Gymnasium Syke! Gebastelte Strohsterne verkaufen, Waffeln backen und diese Dinge. Und der Erlös geht nach? Richtig: Arequipa. Wird schon seine Richtigkeit haben. Als wir dieser Stadt in den letzten Wochen so langsam näher kamen, habe ich mich gefragt: Sollte man nicht mal schauen, was mit diesem Geld wirklich passiert? Also habe ich ein wenig gesurft, eine Mail geschrieben und schwupps hatten wir eine Verabredung mit Volker Nack. Er ist Leiter des Vereins Blansal, den er 1997 gegründet hat, um Kindern und Jugendlichen mit Erfahrungen familiärer Gewalt und sexuellem Missbrauch zu helfen. Okay, ich habe 1992 Abitur in Syke gemacht, als es den Verein noch nicht gab. Bis dahin wurden die Gelder in Richtung der deutschen Schule hier in Arequipa überwiesen. Aber wie das eben so ist: Viele Verbindungen hängen an Personen. Die gehen manchmal auch in Rente. Jetzt also Blansal. Wir haben uns mit Volker Nack die Häuser angeschaut, in denen Mädchen und Jungen getrennt von einander mit ihren Betreuern wohnen. Sie gehen zur Schule, sie machen Hausaufgaben, sie putzen, räumen auf, kochen, ziehen Karnickel und Meerschweinchen groß und können im Keller einen Kampfsport namens Shin Son Hapkido betreiben – mit Meister Volker Nack. Sie wirken dabei ehrlich respektvoll, freundlich und – gemessen an den Geschichten, die wir erzählt bekommen haben – ausgeglichen. Wir fanden es einen beeindruckenden Besuch. Und wenn wir sollten, würden wir sagen: Weiter Weihnachtsbasar machen und Einnahmen spenden.

Ach so, für die Stadt Arequipa hatten wir auch noch Zeit. Und das war gut so. Sie ist schön, diese Stadt und gleichzeitig die spanischste der Städte, die wir bis dato besucht haben. Viel glatter Tuffstein an unzähligen Kirchen und drei Klöstern. Man hat viel Geld investiert, das vor allem vorhanden ist, weil im Umland etliche Minen reichlich Rohstoffe freigeben. Die Mauern der Stadt sind heute weiß (nachts gelblich angeleuchtet), waren früher aber blau oder rot oder orange angemalt. An verschiedenen Stellen sieht man das noch und es wirkt lebendig, gar fröhlich. Hier würden wir sicher noch einmal unterkriechen.

Morgen geht es weiter. Mit dem Colca Canyon ist nach Kultur und Sozialem wieder Natur angesagt. Und ein wenig Schotterpiste wird’s wohl nach längerem auch mal wieder geben. Wir freuen uns drauf. In diesem Sinne beste Grüße aus Peru.

PS: Online sind jetzt auch Bilder aus La Paz und aus dem Nationalpark Lauca.


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