Like Coming Home
Wir müssen uns ein wenig entschuldigen. Bei unseren werten Lesern, weil es eine kleine Pause gegeben hat. Vor allem aber bei den drei baltischen Republiken, weil wir ihnen definitiv nicht so viel Zeit gewidmet haben, wie sie verdient gehabt hätten. Die Verabredung mit Heikki und Ulla in Finnland hat uns einen Termin gesetzt, den wir anders kaum gehalten hätten. Also zwei lange Etappen und ein Ruhetag vor der Fährfahrt nach Helsinki. Das heißt auch: Wenig zu erzählen von den Ländern. Landschaftlich – soweit zu beurteilen – wirklich schön. Die Autobahnen durchaus gut ausgebaut und die Menschen, mit denen wir dann doch gesprochen haben, durchweg freundlich und hilfsbereit. Um aber auch gleich ein Pauschalurteil zu fällen: Autofahren konnten sie in all den vier Ländern von Polen bis nach Estland nicht wirklich gut. Das ist aber auch schwierig, wenn die wichtigste Aufgabe des Fahrens offenbar nicht das sichere Erreichen des Ziels, sondern vielmehr das Überholen als solches und auf jeden Fall, egal was es koste, ist. Vier Autos passen doch locker nebeneinander auf zwei Spuren. Und wegen Gegenverkehrs direkt neben dem eigentlich zu überholenden Motorrad wieder auf die rechte Spur einzuscheren ist doch auch kein Problem – jedenfalls nicht für den Autofahrer. Naja, alles gut überstanden.
Ruhetag dann im Nationalpark Lahemaa östlich von Tallin. Küstenlandschaft mit vielen Nadelbäumen, einigen Birken und vor allem vielen Findlingen im Wasser. Man darf sie guten Gewissens malerisch nennen. Wir entschieden uns für den zweiten der beiden vorhandenen Campingplätze – der Garten eines Privathauses. Die Alternative wäre eine Art „Ferienlager“ gewesen, dass Jana an ihre Kinderzeiten erinnerte. Das haben wir später auch zweimal besucht, weil es da W-Lan gab und was zu essen. Beim ersten Besuch wirbelte dort eine Schülergruppe herum. Beim zweiten waren es gleich ca. hundert Erwachsene. Deshalb gabs dann plötzlich nichts mehr zu trinken für uns. Gefeiert haben sie bis ungefähr um 2 Uhr nachts. Das war nicht soooo weit weg von unserem Zelt. Auch überlebt. Genau wie die Mücken. Ansonsten: Gelesen, Mopeds gewartet, in der Sonne gelegen, Wäsche gewaschen.
Uns war ja schon bei unserem ersten Besuch in Tallin (das war so 2006) der hohe Anteil finnischer Jugendlicher in der Stadt aufgefallen. Eine Auswirkung der finnischen Alkoholpreispolitik, wie wir erfahren durften. Es ist billiger, mit der Fähre von Helsinki nach Tallin zu fahren, sich volllaufen zu lassen, zusätzlich pallettenweise Bier einzupacken und dann mit der Fähre zurückzufahren als sich in Helsinki zu betrinken.
Es gibt zwei Fähren für die Fahrt von Tallin nach Helsinki. Eine braucht zwei Stunden, die andere dreieinhalb. Man bucht die längere. Wir, weil sie billiger ist. Die anderen, weil man mehr Zeit hat, weiter zu trinken. Wir haben nur gehofft, dass die Gruppen wenigstens jeweils einen dabei haben, der noch fahrtüchtig genug wäre, ein Fahrzeug unfallfrei von der Fähre zu manövrieren. Wir werden es nicht erfahren: Wir durften die Fähre als Erste verlassen!
Nach einer Nacht auf einem Campingplatz knapp außerhalb Helsinkis und ein paar Stunden Stadtbummels – Helsinki kam ein wenig unspektakulär daher, so insgesamt – machten wir uns auf Richtung Norden. Beim Sommerhaus von Heikkis Bruder, Timo, und dessen Frau, Sinikka, sollten wir Heikki und Ulla treffen. Nach allem, was wir erfahren haben, gibt es in Finnland: 5,4 Mio. Einwohner, ca. 188.000 Seen, ungefähr 500.000 Sommerhäuser und gut 3 Mio. Saunen. Die Prioritäten sind also klar gesetzt. Es ließe sich hier prima leben, wenn nicht gleichzeitig alles so teuer wäre. Wir allerdings hatten Glück, denn wir hatten unglaublich nette Gastgeber! Die haben uns die Sauna angeschmissen, ein dickes Filet auf den Grill gepackt, ein frisches Lachsfilet in den Heißräucherofen gehängt und uns gezeigt, wo das Bier im Kühlschrank steht. Leute, macht’s gut, wir bleiben hier! Schauen uns allerdings erst noch ein wenig um. Von Joutsa sind wir nunmehr auf dem Weg nach Nurmes, wo Heikki und Ulla groß geworden sind und wo sie – na was wohl?! – ein Sommerhaus haben bzw. gerade bauen. Die Sauna ist aber schon fertig! Nur mit dem Internet ist es noch ein wenig schwierig. Könnte also wieder ein paar Tage dauern bis zum nächsten Bericht.
Bis denn,
Paddy
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