Lasst die Spiele beginnen!
Sport ist uns beiden ja quasi in die Wiege gelegt worden. Wir sind geborene Kenner und vor allem kenntnisreiche Kritiker. Außer Werner macht uns da eigentlich keiner was vor beim Anschauen von Sportveranstaltungen. Das heißt natürlich auch, dass wir gerne alle Gelegenheiten nutzen, um Sport zu konsumieren. Und wenn uns dann das Wetter wie hier in Fairbanks, Alaska, die Chance gibt, einmal ein paar Tage länger an einem Ort zu bleiben, als wir das eigentlich geplant hatten, blättern wir halt in den Veranstaltungsflyern. Wir trauten unseren Augen kaum. Was stand denn da? Olympia! Mitten in Alaska! Und das auch noch vor dieser Kommerzveranstaltung in London, bei der Werner wieder zur Höchstform auflaufen darf. Eröffnungsveranstaltung nur 10,- USD und die Tagesveranstaltungen mit freiem Eintritt! Da mussten wir hin. Genau bezeichnet handelt es sich um die WEIO, die World Eskimo Indian Olympics. Teilnehmer aus Fairbanks, Anchorage, Whitehorse und… Grönland – geht also ganz klar als Weltveranstaltung durch. Was uns erwarten würde, wussten wir nicht. Am Ende hatten wir großen Spaß an Sportarten wie „one hand reach“, „kneel jump“, „blanket toss“ und „drop the bomb“. Wie, sagt euch nichts? Na dann:
ONE-HAND REACH
Die Athleten balancieren ihren Körper auf einer Hand, den Ellbogen unter dem Unterbauch platziert. Die Hand ist der einzige Punkt des Körpers, der den Boden berührt. Mit der anderen Hand müssen die Athleten eine Ball berühren, der über ihnen von einer Art Galgen herabhängt. Haben sie den Ball berührt, müssen sie unter Zuhilfenahme der zweiten Hand den Körper wieder in Balance bringen, ohne dass ein anderer Teil des Körpers den Boden berührt. Der Ablauf des Wettbewerbs ist ansonsten wie beim Hochsprung. Der Ball wird immer ein Stück höher gezogen und jeder hat drei Versuche pro Höhe, bis er endgültig scheitert. Gewonnen hat, wer die größte Höhe schafft oder, bei gleicher Höhe, wer weniger Fehlversuche hatte.
DROP THE BOMB
Gibt’s nur für Männer. Der Athlet legt sich auf den Bauch und streckt die Arme seitlich aus. Drei Veranstaltungshelfer heben dann auf Kommando den Athleten an, einer nimmt die Füße (dafür wird ein Band benutzt) und jeweils ein weiterer an den Handgelenken. Jetzt tragen sie ihn in einem von einem Kampfrichter vorgegebenen Tempo vorwärts. Gewonnen hat, wer am längsten durchhält.
Leider haben wir nur die Qualifikation sehen können. Da wird nur gehoben, nicht getragen. Sie dient nur dazu herauszufinden, ob ein Bewerber überhaupt in der Lage ist sein Gewicht zu halten. Waren sie nicht alle…
KNEEL JUMP
Bei dieser Disziplin geht es um die Schnellkraft. Die Athleten sitzen auf ihren Knien vor einer Linie, die Fußrücken flach auf dem Boden. Alles, was sie tun müssen ist, ohne die Arme zum Abstützen zu benutzen aus der Sitzhaltung in den sicheren (!) Stand auf beiden Füßen zu kommen. Die Bewegung sollte dabei nach vorne gehen, denn es gewinnt, wer am weitesten springt. Der praktische Nutzen besteht übrigens darin, die Schnelligkeit und Balance zu trainieren, die man braucht, um bei aufbrechendem Eis von Scholle zu Scholle zu springen. Viel Glück!
NALUKATAQ (BLANKET TOSS)
Die Decke (blanket), von der der Name spricht, ein etwa 3×3 Meter großes Tuch aus mehreren Walrosshäuten. An ihren Seiten sind Seile zum Greifen eingenäht. Ein Haufen Menschen hält das Tuch und ein Springer steht auf dem Tuch. Er oder sie wird dann von den Haltenden und Ziehenden wie von einem Trampolin in die Luft geschleudert und wieder aufgefangen. Es werden Höhen von bis zu 10 Metern erreicht. In der Luft können die Springer Kunststückchen machen. Die Disziplin dient eher dem Spaß als einem Wettkampf, auch wenn es eine Jury gibt, die die Sprünge bewertet. Gegenüber dem Trampolin hat das Tuch übrigens den Vorteil, dass die Haltenden sich bewegen und so einen Seitwärtsflug des Springers auffangen können.
Die machen da auch noch andere Sachen wie Gewichte mit den Ohren heben, Tauziehen zu zweit und mit einem Stöckchen anstatt eines Taus, Knuckle Hop, One-foot und Two-foot High Kick, Toe Kick und natürlich Fish cut usw. Konnten wir dann leider nicht mehr sehen. Die Veranstaltung ist – wie alle guten olympischen Spiele – mehrtägig.
Von der Eröffnungsfeier hatten wir uns eine Art Feuerwerk der Kulturen versprochen. Nun… sagen wir mal… uns fehlte vermutlich das kulturelle Wissen, um zu verstehen, was sich da vor unseren Augen abspielte… besonders die Gesangs- und Tanzvorführungen. Das eintönige Getrommel, die immer sehr ähnlichen Melodien, die minimalistischen (Hand)Bewegungen und die für uns unverständlichen Texte (waren es welche?) führten aber relativ bald dazu, dass wir uns auf den nächsten Wettkampf freuten… Immer war sehr bemerkenswert, dass in den Tanzgruppen alle Altersgruppen vertreten waren. Für die gehschwachen Tänzer hat man halt Stühle hingestellt.
Wer mehr über die Spiele wissen möchte, kann sich gerne mal auf dem Internetauftritt der WEIO umsehen: www.weio.org
Insgesamt war das ein aufregender Tag für uns und eine sehr willkommene Abwechslung im Regen und nach dem Wechseln von Kettenritzeln und Hinterreifen. (Hab übrigens jetzt neue Eisen zum Reifenwechseln. Wer mal vor dem Problem steht nicht zu wissen ob er große oder kleine kaufen soll: Kauft kleine! Die großen machen immer die Schläuche kaputt und wechseln lassen ist in der Neuen Welt sehr teuer!)
Patrick
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