„Wer ist John Maynard?“

Ganz einfach: „John Maynard war unser Steuermann, aushielt er, bis er das Ufer gewann, er hat uns gerettet, er trägt die Kron‘, er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.“

Theodor Fontane ehrt mit seiner Ballade John Maynard: ein Steuermann auf einem Passagierschiff, dass den Eriesee von Detroit nach Buffalo überfährt und auf dem gegen Ende der Fahrt ein Feuer ausbricht. Der Steuermann lenkt das Schiff ans Ufer und rettet damit allen Passagieren das Leben, muss aber mit dem Eigenen bezahlen. Für alle, die Fontanes Meisterwerk nicht mehr auswendig können und es noch einmal nachlesen wollen, bitte hier klicken. In echt hieß das Schiff nicht „Schwalbe“ sondern „Erie“ und leider verstarb die Mehrzahl der Passagiere. Also war John Maynard doch nicht der glückliche Held der Schulkinder. Er hieß auch anders…

Wir sind jetzt jedenfalls auf den Spuren dieser Ballade gefahren und haben nicht nur den Eriesee sondern auch die anderen großen Seen – zumindest zum Teil – umfahren. Begonnen am Lake Michigan (riesig groß, sieht aus wie ein Meer), die Brücke über den Lake Huron genommen und somit Kanada erreicht, gleich an den Lake Erie, dort das Wasser markiert, es den Niagara River verfolgt und die Niagara Fälle in den Lake Ontario hinabstürzen sehen, von Toronto an die Georgian Bay (wieder Lake Huron) und nun am Lake Superior gestrandet. Wir hätten in Toronto (am Lake Ontario gelegen) auch den See und dann Fluss gen Osten entlang schippern können. Wir wären in den Atlantik gestoßen. Aber wir haben seit Toronto nur eine Richtung im Kopf und die heißt: Go West!! Bis Alaska ist es noch ein langer Weg und wir müssen wieder vier Zeitzonen überspringen und haben somit an vier Tagen eine Stunde länger Zeit, unserem Ziel näher zu kommen.

Kanada gefällt uns gut, obwohl es recht britisch ist (Fish & Chips, Orangenmarmelade, Städtenamen wie Brisbane, Tottenham und London und überall Queen Elisabeth, die Alte, drauf). Es gibt wieder öffentliche Verkehrsmittel. Und es gelten Regeln, die uns bekannt vorkommen und Sinn machen (Motorradhelmpflicht, Telefonverbot im Auto). In den USA war da zu viel unbegrenzte Freiheit. Meiner Meinung nach. Die Strafen für Verkehrssünder sind auch gepfeffert. Überhaupt hat das Preisniveau erheblich zugenommen. Und das mit dem Alkoholtrinken leben die Kanadier (bzw. die Regierung und Gesetzgebung) genauso restriktiv wie die USA. Das bedeutet für Patrick zu viele bierfreie Tage!!! Aber wir wollen uns nicht beschweren, uns geht es gut und wir unterstützen Länder mit Sozialsystemen 😉

Die Leute sind sehr freundlich und zeigen großes Interesse, an dem was wir hier in ihrem Land machen. Und so bekommen wir an der ältesten Tankstelle von Kanada (noch mit reingehen und preisansagen) fünf kanadische Dollar geschenkt – für unsere Reisekasse, weil hier alles so teuer ist. Ja, das stimmt, die Preise sind unglaublich. Dann freuen wir uns auch über eine kostenlose Inspektion und Reifenjustierung von Supertranse. Das Trinkgeld wird wohl nicht mal für einen Jack Daniels reichen 🙁

Kanadier zeigen Begeisterung für Fußball. An den Autos findet sich eine bunte Palette diverser europäischer Fahnen, aber das „Englandfähnchen“ überwiegt in der Häufigkeit. Obwohl Kanada keine siegessichere Nationalmannschaft hat, spielt fast jedes Kind bis zum Ende seiner Schulzeit Fußball. Und im Winter Eishockey!! Aber dann enden die Fußballkarrieren und somit wird die Europameisterschaft ein Sport-Highlight. Ist auch gut für die vielen kanadischen Einwanderer. Kanada ist ein Parade-Einwanderungsland, Multikulti wird hier wirklich gelebt.

Da dürfen sogar US-Amerikaner auf Drahtseilen über die Grenzen laufen. Einer hat es gemacht: Nik Wallenda hat seinen Lebenstraum erfüllt und hat die Niagara Fälle auf einem Seil überquert. Drei Jahre hat es gebraucht, bis dieser Event stattfinden konnte. Und wann wird das große Spektakel aufgeführt? Natürlich dann, wenn Jana und Patrick den einen Tag für die Wasserfälle reserviert hatten. Ach nö, jetzt ist auf jedem Foto vom Niagara-Fall dieses doofe Seil drauf. Das dachte ich. Und Patrick: Mist – Menschenmassen! Nun voll war es, die Wasserfälle waren trotzdem schön (aber nicht mit den Iquazú-Wasserfällen in Argentinien zu vergleichen) und Geschäfte in Niagra Falls Downtown haben richtig Umsatz gemacht. Ist eh wie Las Vegas – in klein. Und Nik Wallenda: der hat es rüber nach Kanada geschafft und musste vor Millionen von Zuschauern (live + TV) eine inszenierte Passkontrolle mitspielen. Hollywood pur!

Machts gut. Wir geben unser Bestes. Bis zum Arktischen Meer sind es ab jetzt noch 7500 km. Auf dem Buckel haben wir bereits 34.000 km (zusammen mit dem ersten Teil der Reise knapp 62.000 km)…

Jana


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