On the Road again
Motorrad-Einführung 3. Akt:
Die ersten beiden Kapitel deuteten eine Steigerung ja bereits. In mir keimte die Hoffnung, die Klimax bereits überschritten zu haben. Immerhin haben die Jungs beim Zoll mit 8h die Spannung auf hohen Niveau gehalten und sie fast zum Überkochen gebracht.
Aber Einfuhr-Zoll und Hafen-Zoll sind zwei verschiedene Paar Schuhe, dessen war ich mir bis heute nicht bewußt gewesen. Am schönsten ist es obendrein, wenn man zwischen zwei staatliche Behörden oder Abteilungen gerät. Dann wird jeder 8h Aufenthalt einem Ort zu einem angenehmen Wochendausflug. Aber der Reihe nach.
Das Große Finale stand mir heute bevor. Gott sei Dank wußte ich in meiner Naivität davon nix und konnte das Frühstück in Ruhe und Seeligkeit genießen bevor ich mich gegen 09:30Uhr auf den Weg machte. Schließlich ist Urlaub und die Jungs am Hafen sollen mir noch zeigen, wo die Maschine steht, damit ich sie rausfahren kann.
Die Fahrt in den Hafen glich in etwa der in Hamburg. Viele Brücken, Kräne, Container. Das tote Industriegebiet ist umgeben von Wohnsiedlungen, sicherlich arm, aber nicht zu arm. Der Fahrer warf mich am Haupteingang dieser Festung raus. Hier komme ich nie wieder weg, nur auf meinem fahrbaren Untersatz. Schnell war ich beim Zoll angelangt, hatte Unterstützung durch einen netten Herrn K. von Hamburg Süd (unserem Transportunternehmen) dazugeholt. Was sollte da noch schief gehen. Gleich die erste Ansage des Zollbeamten im Hafen war vernichtend: „Die Papiere sind nicht in Ordnung“. Si claro 🙂
Was dann folgte, war eine kleine Odyssee, deren Ende mit immer noch fragwürdig erscheint. Mister K. sagte, ich müsse zurück in die Stadt zu den anderen Jungs vom Zoll und die Papiere korrigieren lassen. Es fehlten lediglich 2 Unterschriften. Das sei alles! Si claro 🙂
Wie durch ein Wunder tauchte nach kaum mehr als 5 Minuten ein Taxi an diesem Ende der Welt auf. Es brachte mich dann ziemlich zügig in die Stadt zurück, durch den Berufsverkehr, der gefühlt von 7-19Uhr durch selbige quält. Beim Stadtzoll war man (selbstverständlich) anderer Meinung. Nein, nein, die Papiere sind vollkommen in Ordnung. Nur die Jungs vom Hafenzoll haben mal wieder gar keine Ahnung. Komisch, diese Bemerkung viel beim Hafenzoll in die umgekehrte Richtung ebenso. Si claro 🙂
Was tun in dieser Pattsituation? Ich mittendrin, aufgerieben zwischen den Zollabteilungen. Die benötigten Unterschriften bekam ich hier garantiert nicht. Und im Hafen wird man die Papiere so nicht akzeptieren. Gelobt sei der Herr! Nachdem ich schon wieder im Taxi auf dem Weg in den Hafen war, um einen erneuten Anlauf zu wagen, viel im Stau auf, dass ich meine Unterlagen hab liegen gelassen. Also raus und zurückgelaufen. Dabei kam mir der rettende Gedanke: Zoll telefoniert mit Zoll und die baldovern das gefälligst untereinander aus. Der Akt fieberte seinem Höhepunkt entgegen. Überraschenderweise war der stets grimmig drein schauende Super-Duper-Mega-Intendant auch gleich bereits dies zu tun. Plauderte eine Weile, schilderte mein Anliegen und gab mir abschließend einen Namen des einzig wohl fähigen Zollbeamten am Hafen. Diesen sollte ich kontaktieren, er wisse ja jetzt Bescheid. Si claro 🙂
Also schnell zurück in den Hafen, es war bereits 12Uhr, am Donnerstag und Freitag ist Feiertag und ich bin noch soweit am Anfang. Leider ist nicht jeder Taxifahrer bereit einen in diese unwirklich Gegend in den Hafen zu fahren. Also zu Fuß 3 Blocks bewältigt und ein weiteres Taxi vorsichtig angefragt. Immerhin fand sich noch ein weiterer Fahrer, der dazu bereit war – hinein in die Rushhour. Der Taxifahrer erwies sich als äußert ortsversiert, entkam nach 15min dem endlosen Stau und setzte mich gegen 13Uhr am Hafen ab. Der informierte Herr Adulfo schaute mich sehr fragend hinter seiner Glasscheibe an. Er? Informiert? Niemals und überhaupt, woher habe ich seinen Namen da auf dem Papier? Telefoniert mit ihm? Nein, er weiß von nix. Si claro 🙂
Der Akt hatte seinen Höhepunkt erreicht. Aber Reisen durch unbekannte Zivilisationen wäre nicht dasselbe, wenn sich nicht doch immer irgendwie eine Lösung finden ließe. Warum auch immer drücke er die Papiere einem anderen Zollbeamten mit ein wenig Englisch-Kenntnissen in die Hand und schickte mich zu ihm. Der Tat nun den entscheidenen Schritt: Er brachte mich in die Festung des abgeriegelten Hafengeländes hinein. Und mir kam urplötzlich der Gedanke, dass sie mich dieses Gelände nur noch auf meiner Maschine fahrend verlassen werden. Am Eingang fragte er mich: „Hast du denn Dinge im Motorrad geladen?“ – „Nunja, irgendwie schon, da sind halt so Boxen an der Seite.“ – „Und die sind leer?“ – „Nunja, Boxen halt.“
Ich eierte herum, denn diese dämliche Packliste mit allem, was im Motorrad steckt, hatte ich beim Zoll in der Stadt nicht mit eingereicht und sie fehlten an den Papieren. Das wird mein Genickbruch sein, dachte ich mir. Als ich gestern die Liste anfangen wollte zu schreiben, da wurde ich auch schon in die Amtsstube gerufen. Und dann habe ich keine schlafenden Hunde wecken wollen – Mist verdammt!
Der Zollbeamte führte mich zur Laderampe an der auch die abschließenden Zolleinfuhrformalitäten geregelt werden und ich traf wieder auf Herrn K. der sich glücklichweise meiner wieder annahm. Der Rest bestand wie schon am Vortag aus Warten. Gegen 15:30Uhr waren dann alle Umstände geklärt, meine Passdaten im Computer vermerkt, die Blättersammlung bis auf das „most important paper“ reduziert und in mir fing die Sonne an zu scheinen also Lila endlich vor mir stand. Zwar dreckig und staubig, aber bereit, endlich mit mir aus dieser bürokratischen Hölle zu entfliehen. So steht sie nun in Freiheit auf einem bewachten Parkplatz unweit des Hotels und sieht wunderschön aus 😀
Die Kosten trägt Hamburg Süd, eine Packliste wollte niemand haben und die fehlenden Unterschriften wurden (wie in der Stadt erklärt) vom Zoll im Hafen geleistet. Nun habe ich eine Aufenthaltsgenehmigung für Lila bis August 2012 und freue mich auf die am Freitag beginnende Reise.
P.s.: Mr. P. soll am Donnerstag in Buenos Aires eintreffen 😉
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