Mal wieder unter Leute…

Vorsicht: Satire!

Motorradtreffen: Horden betrunkener Biker an Lagerfeuern mit Bettruhe gegen 5 Uhr in der Früh, Kopfschmerzen nach dem Aufstehen um ca. 11 Uhr, Einschlafen bei den Begleitveranstaltungen, Männeranteil gegen 90%, der Rest barbusig oder zumindest mit nassem T-Shirt und natürlich ohne BH darunter. Geht ja gar nicht anders. Wir reisten schon am Mittwoch an. Ergab sich so.

Spätestens am Donnerstagvormittag wussten wir, dass da gerade was anders läuft als geplant. 7.04 Uhr: „Mit Harleys kann man ja nicht mal ordentlich Schotterpisten fahren!“ Hallo? Schlafen? Hallo? Lästern über Endurobikes und nicht über Harleys? Direkt neben unserem Zelt. Is dit n Motorradtreffen, oder wat is dit hier? An Schlaf war nicht mehr zu denken. Also raus aus dem Zelt und die Lage gecheckt. Zahl der Zelte hatte leicht zugenommen. Wetter weiter gut. Zahl der Harleys in Sichtweite… Eine??? Moment… Gegenprobe… Zahl der BMW R1200GS in Sichtweite: 14?!?!?!?! Äääääääääääh. Erklärt wenigstens den Gesprächswecker. Wohl eher so ne Schnullibulli-Veranstaltung mit jeder Menge Motorradfahrern, die meinen, sie wären die großen Offroader.
„Hey, komm rüber und trink n Kaffee mit uns!“ Na, wenigstens DER Reflex funktioniert adäquat. „Nee, danke, Teetrinker!” Also Tee kochen und Pumpernickel mit Nutella hinter die Kiemen werfen. Man gönnt sich ja sonst nichts an einem Tag, der so anfängt.
Plötzlich quietschende Autoreifen. Abgefahrene Karre! Aber wieso setzt der rückwärts direkt auf mich zu? Und jetzt springt der Typ aus dem Auto in meine Richtung! Mist, kein Baseballschläger in Reichweite. „Patrick!!! Gut dich wiederzusehen! Habt ihr’s tatsächlich von Argentinien hier rauf geschafft, was?! Klasse!“ Ich erinnere mich dunkel: Mark, Kanada. War mit seinem Sohn in Viedma auf dem Motorradtreffen. Da wurde noch getrunken. Wirklich gut, ihn wiederzusehen. Hätte aber auch mit dem Moped kommen dürfen.
Dann kommt ein Pärchen um die Ecke. Halten schon wieder direkt auf mich zu. Können nur Ruth und Roy sein. Sind mit mir und Schnegge von Coldfoot nach Deadhorse, zurück nach Fairbanks und bis in den Denalipark gefahren. Wird noch n Familientreffen, wenn das so weitergeht.
„Hallo, du musst der sein, den meine Schwester im Glacier National Park getroffen hat.“ „Ey, keine Panik, ich hab mein Finger von ihr gelassen, ehrlich!“ Ach nee, jetzt dämmert‘s, die war damals ganz aufgeregt, als wir ihr erzählten, dass wir auf dieses Treffen fahren würden. „Mein Bruder wird da einen Vortrag über den Yukon halten!“ Der also auch hier.
Von links schon wieder ein Pärchen: „Ihr seid aus Deutschland? Und seid aus Südamerika raufgefahren? Super, wir wollen das umgekehrt machen. Da zapfen ihr euch doch mal an!“ TIMEOUT!!! Gerade mal 9 Uhr! Bisschen viel Input für die Tageszeit!
Dann mal rüberschlurfen in die Halle. Anmelden und rumgucken. Natürlich auch schon alle wach und am Rumwirbeln. Kaum zur Tür rein, schon hat man einen Zetteln in der Hand: „Ich versichere, dass ich während der Veranstaltung nicht betrunken, nicht ohne Sicherheitsbekleidung und nicht ohne Helm Motorrad fahre.“ Was is das hier? Kinderturnen mit Beutelvergessen oder wie? Und da hängt sogar schon ein detailliert ausgearbeiteter Ablaufplan:
10 Uhr: Motorradreisen mit leichtem Gepäck
11 Uhr: Von Nord- nach Südamerica in einer Ural mit Seitenwagen
12 Uhr: Lunch
13 Uhr: Reifenflicken am Straßenrand

22 Uhr: Travelling the Yukon

Zwischendurch noch ein Wettrennen mit dem Titel „Wer fährt am langsamsten?“ und der Workshop „Motorrad schieben nervt“. Aha… Und was ist mit „Wet T-Shirt Contest“, Onkelz-Coverband und „Wer hat den Lautesten“? Okay, lassen wir uns mal drauf ein. Wer weiß, wozu es gut ist?! Außerdem sind wir Rocker ja von Natur aus Horizonterweiterer.
Egal. „Hey Roy.“ „Hey Patrick. Willst n Bier?“ Wie jetzt? Bier oder was? So richtig? Klingt gut! Da kann man sich auch besser auf die Geschichten auf der Leinwand einlassen! Sind die doch alle niemals wirklich hingefahren. Wahrscheinlich so wie die Harleyfahrer: Karre auf den Anhänger, hinfahren, abladen, Foto machen, Karre wieder auf den Anhänger und ab nach Hause!“ Aber über Russland und Mongolei in die „-stans“ (sagen die hier so für Kirgisistan und die anderen Staaten mit ähnlichen Namen in der Ecke) und zurück nach D wär auch mal ne coole Tour. Mal sehen vielleicht so in vier Wochen. Bisschen Zeit zum Wäsche waschen in Berlin sollte schon bleiben.
Oh, das war schon der letzte Vortrag des Tages?! Könnte man auf dem Zeltplatz doch gut noch paar Pils zischen. Minuten später dort angekommen alles schon dunkel. Schnarchen überall. Sollte man wohl besser auch ins Bett gehen. Stehen sicher wieder um 7 Uhr mit nem Kaffee neben dem Zelt. Komisches Volk!

Na, wenigstens konnte ich den Idioten hier meine Karre andrehen. 500 USD hab ich dem Mann aus British Columbia für meine Transalp aus den Rippen geleiert. Der glaubt wahrscheinlich immer noch, dass eine Transalp geländetauglich ist… Naja, macht jedenfalls drei glückliche Menschen: 1. Einen kanadischen Transalpbesitzer, 2. Den Empfänger der gespendeten 500 USD und 3. Mich, der sich die Verschiffung spart und außerdem gleich noch ein gutes Gewissen hat. War insgesamt also doch kein sooo schlechtes Wochenende. Kauf mir jetzt ne 1200 GS und geh auf Weltreise. Sind eigentlich dufte Typen, diese Motorradtraveller. Mal abgesehen von diesen Frühaufstehern.

In diesem Sinne: Rock’n’Roll und ride on!!
Patrick


Posted in Amerikareise, Nordamerika by with 1 comment.

Pingbacks & Trackbacks

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert